Die in der Richtlinie (EU) 2019/2121 in Bezug auf grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen („MobilRL“) gesetzte Frist zur Umsetzung ins nationale Recht ist ja bekanntlich bereits am 31.1.2023 abgelaufen. Bedauerlicherweise hat keiner der drei oben genannten Gesetzgeber die Umsetzungsfrist gewahrt.
Unter diesen drei „Nachzüglern“ kommt Deutschland mit dem zum 1.3.2023 in Kraft tretenden Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (UmRUG) mit einer um „nur“ einen Monat verspäteten Umsetzung dem Begriff der (zeitlichen, denn inhaltlich gibt es am UmRUG wenig auszusetzen!) Punktlandung noch am nächsten. Das UmRUG hat die MobilRL zum Anlass genommen, auch das bestehende Regelungsystem des deutschen UmwG für innerstaatliche Umwandlungen an die nun für grenzüberschreitende Umwandlungen geltende Rechtslage anzupassen, um ansonsten auftretende Widersprüche zwischen innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Umwandlungsmaßnahmen zu vermeiden. Aufgrund einer teilweise überschießenden Richtlinienumsetzung ermöglicht das UmwG seitens des deutschen Rechts künftig auch die grenzüberschreitende Spaltungen zur Aufnahme. Es kommt so den Bedürfnissen der Praxis entgegen, die diese Spaltungsvariante häufiger nachfrägt als die ausschließlich durch die MobilRL zwingend vorgesehene Spaltung zur Neugründung. Auch handwerklich kann man das UmRUG als gelungen bezeichnen, da es vom Entwurfsstadium an intensiv wissenschaftlich begleitet wurde.
Für alle anderen im deutschen UmwG vorgesehenen Umwandlungsarten, insbesondere auch solche unter Einbeziehung von Personengesellschaften, werden jedoch keine gesetzlichen Regeln geschaffen. Rechtlich sind auch solche natürlich aufgrund der Vorgaben aus der Niederlassungsfreiheit möglich, da das nationale Recht solche Umwandlungsarten bzw. Strukturmaßnahmen, die es im innerstaatlichen Recht aus freien Stücken vorsieht, auch in ihrer grenzüberschreitenden Variante innereuropäisch ermöglichen muss. Es fehlen dann jedoch klare gesetzliche Vorgaben, was oft zu Abstimmungsproblemen mit den beteiligten Handelsregistern führt, rechtlich und praktisch jedoch in der Regel lösbar ist und oft durch das zumeist im Vergleich zu grenzüberschreitenden Umwandlungen einfachere Verfahren und gelegentlich auch geringere materiellrechtliche Schutzvorschriften durchaus auch einen gewissen Charme aufweist.
Da eine grenzüberschreitende Strukturmaßnahmen jedoch nur dann möglich ist, wenn auch die jeweilige andere beteiligte Rechtsordnung diese zur Verfügung stellt, stellt sich die Frage nach dem Umsetzungsstand in den anderen EU/EWR-Rechtsordnungen. Sowohl in Österreich als auch in Spanien herrschte hierzu in den letzten Monaten Funkstille; entsprechende Vorarbeiten bzw. Entwürfe wurden zumindest nicht offen diskutiert und trotz des praktischen Bedarfs an solchen Strukturmaßnahmen suchte man auch vergeblich nach einer wissenschaftlichen Diskussion. Nun scheint jedoch Bewegung in die Angelegenheit zu kommen:
So hat die österreichische Regierung inzwischen einen Ministerialentwurf zur Umsetzung der MobilRL vorgelegt. Falls es im Gesetzgebungsverfahren zu keinen politischen Blockaden kommt, ist eine Umsetzung jedenfalls noch in diesem Jahr zu erwarten. Inhaltlich beschränkt sich das Umsetzungsgesetz in seiner derzeitigen Fassung jedoch auf eine 1:1-Umsetzung der zwingenden Richtlinienvorgaben. Dies ist gerade in Bezug auf die in der Praxis oft nachgefragte Umgründungsvariante der Spaltung zur Aufnahme zu bedauern. Der österreichische Gesetzgeber sollte im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit der seinem Recht unterliegenden Unternehmen diese zögerliche Haltung nochmals überdenken. Denn die gesetzliche Ermöglichung grenzüberschreitender Strukturmaßnahmen birgt eben nicht nur die Gefahr, dass heimische Unternehmen bzw. (im Falle der Spaltung Teile von ihnen) dem in der Tat gerade in grenzüberschreitenden Konzernstrukturen oft etwas sperrigen österreichischen Recht entfliehen. Vielmehr bietet es in Zuzugskonstellationen auch den großen Vorteil, dass ausländische Unternehmen, die Teile anderer Gesellschaften auf in Österreich bereits bestehende Tochtergesellschaften übertragen möchten, diesen für den Standort Österreich ausschließlich vorteilhaften Wunsch auch einfach umsetzen zu können, ohne erst auf mehrstufige, und dadurch komplizierte und teure Alternativkonstruktionen ausweichen zu müssen.
Den bislang ambitioniertesten Entwurf eines Umsetzungsgesetzes zur MobilRL hat Spanien vorgelegt. Der gerade erst am 15.2.2023 veröffentlichte Vorentwurf für ein Gesetz über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften (Anteproyecto de Ley de modificaciones estructurales de sociedades mercantiles) sieht ein völlige Neufassung des bestehenden spanischen Umwandlungsgesetzes („LME“) vor. Dadurch soll erreicht werden, dass die Verfahren zur Durchführung innerstaatlicher und grenzüberschreitender Umwandlungsmaßnahmen möglichst einheitlich ausgestaltet werden. Zwar ist bedauerlich, dass der spanische Gesetzgeber ebenso wie der deutsche und der österreichische den persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes nur auf Kapitalgesellschaftes erstreckt, und Personengesellschaften somit die Möglichkeiten solcher Umwandlungen verwehrt. Als positiv ist jedoch hervorzuheben, dass der Gesetzesentwurf für jede der im innerstaatlichen Recht vorgesehene Umwandlungsart auch eine grenzüberschreitende Variante bereithält. So ermöglicht das spanische Recht künftig über die Vorgaben der MobilRL hinaus nicht nur grenzüberschreitende Spaltungen zur Aufnahme, sondern auch Ausgliederungen sowie Gesamtvermögensübertragungen. Zudem eröffnet das Gesetz – ganz in der Tradition des bestehenden LME – die Möglichkeit, sämtliche der von ihm geregelten Umwandlungsmaßnahmen grenzüberschreitend auch mit nach dem Recht von Drittstaaten gegründeten Gesellschaften durchzuführen. Wenn das Recht des jeweiligen Drittstaats dies ebenfalls zulässt, werden spanische Gesellschaften daher künftig grenzüberschreitende Formwechsel, Verschmelzungen, Spaltungen zur Neugründung und Aufnahme, Ausgliederungen und Gesamtvermögensübertragungen durchführen können.
Dieser umfassende Regelungsansatz verdient Respekt und wird sicherlich dafür sorgen, dass das spanische Recht sowie insbesondere die spanischen Kapitalgesellschaftsformen im Vergleich zu jenen Staaten, die immer nur die zwingenden unionsrechtlichen Vorgaben umsetzen, an Atrraktivität gewinnt. Aber auch aus dogmatischer und systematischer Sicht stellt der Ansatz, jedwede im nationalen Recht vorgesehene Umwandlungsmaßnahme auch in ihrer grenzüberschreitenden Variante zu spiegeln, den einzig gangbaren Weg für sämtliche im nationalen Recht vorgesehenen Strukturmaßnagmen im weitesten Sinne dar. Denn der EuGH hat bereits mehrfach klargestellt, dass es den nationalen Gesetzgebern verwehrt ist, die grenzüberschreitende Variante solcher nach nationalem Recht vorgesehenen Maßnahmen zu verhindern.