Zur Integration des Medienkonzerns MFE-MEDIAFOREUROPE NV („MFE“) beschlossen die jeweiligen Hauptversammlungen der spanischen Mediaset España S.A. („Mediaset España“) sowie der italienischen Mediaset S.p.A. („Mediaset Italia“), die beiden letztgenannten Gesellschaften als übertragende Gesellschaften auf die niederländische MFE als aufnehmende Gesellschaft im Rahmen einer grenzüberschreitenden Mehrfachverschmelzung zu verschmelzen. Auf Ebene der aufnehmenden Gesellschaft MFE wurde neben dem Zustimmungsbeschluss zu den grenzüberschreitenden Verschmelzungen zugleich auch eine Neufassung der Satzung der nach niederländischem Recht verfassten MFE beschlossen. Diese sah zahlreiche Einzelbestimmungen vor, welche zu Gunsten des von Silvio Berlusconi kontrollierten Hauptaktionärs der künftigen MFE zahlreiche maßgeschneiderte Instrumente schuf, um die Mitwirkungsrechte des rivalisierenden Minderheitsgesellschafters, der französische Vivendi S.A., dauerhaft zu beschneiden.
So sah die Satzung die Zuteilung von loyalty-shares in einer Weise vor, welche zu einem überproportionalen Zuwachs an Stimmrechten des italienischen Hauptaktionärs geführt und diesem innerhalb kürzester Zeit eine Stimmrechtsmehrheit verschafft hätte. Zudem führte sie durch die Satzungsregelung, wonach Vorschäge zur Bestellung neuer Verwaltungsratsmitglieder nur mit einer qualifizierten Mehrheit von 2/3 abgelehnt werden konnten, de facto zu einem statutarischen Exklusivrecht auf Benennung von Verwaltungsratsmitgliedern durch diesen Hauptaktionär. Eine weitere Satzungsbestimmung sah die Pflicht zum öffentlichen Verkauf von Aktien vor, sobald ein Aktionär über die Kontrolle von Stimmrechten innerhalb eines Rahmens von 25- 30% verfügte, was aufgrund der derzeitigen Anteilsverhältnisse lediglich den Minderheitsaktionär Vivendi S.A., nicht jedoch den italienischen Hauptaktionär träfe.
Vivendi S.A. erhob Anfechtungsklagen gegen die Zustimmungsbeschlüsse zu den Verschmelzungen sowohl gegen die Mediaset España als auch gegen die Mediaset Italia, und beantragte den Erlass einstweiliger Maßnahmen zur Verhinderung der Eintragung der jeweiligen Verschmelzungen (die auf die beiden übertragenden Gesellschaft anwendbaren spanische und italienische Rechtsordnung kennen keine dem deutsche Recht entsprechende Registersperre gemäß § 16 Abs. 2 UmwG). Beide Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz hatten Erfolg; in dem vorliegenden Beitrag werden jedoch nur auf die beiden Beschlüsse der spanischen Gerichte (Juzgado de lo Mercantil Madrid vom 10.10.2019 und Audiencia Provincial Madrid vom 14.02.2020) behandelt.
Beide Beschlüsse ergehen noch zum alten Recht, da die RICHTLINIE (EU) 2019/2121 über grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen zum Zeitpunkt des Erlasses beider Beschlüsse noch nicht in Kraft getreten war und derzeit auch noch in keiner der beteiligten Rechtsordnungen umgesetzt worden ist. Gleichwohl sind sie von hoher dogmatischer und vor allem auch praktischer Relevanz. Denn sie enthalten für einstweilige Anordnungen ungewöhnlich ausführliche Begründungen nicht nur zum anwendbaren spanischen Sachrecht, sondern auch zu den vom EuGH aus der Niederlassungsfreiheit entwickelten primärrechtlichen Grundlagen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Strukturmaßnahmen. Zudem greifen sie zur ergänzenden Begründung des Ergebnisses auf einige Bestimmungen der am 12.12.2019 in Kraft getretenen RICHTLINIE (EU) 2019/2121 zurück und sind daher auch auf die neue Rechtslage übertragbar. Die rechtlichen Kernaussagen der spanischen Gerichte lauten wie folgt:
- Wegen des mit Eintragung eine grenzüberschreitenden Verschmelzung verbundenen absoluten Bestandsschutzes (Art. 134 GesRRL) bzw. der mit einer grenzüberschreitenden Entschmelzung verbundenen praktischen Probleme ist ein Anordnungsgrund für die vorläufige Aufhebung des Zustimmungsbeschlusses der übertragenden spanischen Gesellschaft gegeben und die vorläufige Eintragung einer Registersperre anzuordnen.
- Nach summarischer Prüfung der Rechtslage ist davon auszugehen, dass die Anfechtungsklage gegen den Zustimmungsbeschluss zu der grenzüberschreitenden Verschmelzung wegen missbräuchlicher Ausübung der Mehrheitsmacht bei der Beschlussfassung (Art. 204.1.II LSC) auch in der Hauptsache erfolgreich sein wird. Aufgrund der konkreten Ausgestaltung der Neufassung der Satzung der aufnehmenden Gesellschaft spricht viel dafür, dass diese maßgeschneidert ausschließlich den künftigen Minderheitsgesellschafter der aufnehmenden Gesellschaft belasten sollen.
- Dem steht nicht entgegen, dass die Ausgestaltung der Satzung bei der aufnehmenden Gesellschaft sowie die Frage der Wirksamkeit der einzelnen Satzungsbestimmungen nach der Rechtsprechung des EuGH ausschließlich dem niederländischem Recht als dem Gesellschaftsstatut der aufnehmenden Gesellschaft unterliegt und die niederländischen Gerichte dafür ausschließlich international zuständig sind. Denn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betrifft nicht den Zustimmungsbeschluss auf Ebene der aufnehmende Gesellschaft, sondern vielmehr (nur) den auf Ebene der übertragenden Gesellschaft, auf den wegen des spanischen Gesellschaftsstatuts dieser Gesellschaft noch spanisches Recht Anwendung findet.
- Aufgrund der Vorgaben der Niederlassungsfreiheit zu grenzüberschreitenden Strukturmaßnahmen ist es den nationalen Rechtsordnungen jedoch verwehrt, bereits in der Vornahme einer grenzüberschreitenden Verschmelzung an sich einen Missbrauch der Mehrheit zu erblicken, auch wenn die Rechtsordnung der aufnehmenden Gesellschaft sich in Bezug auf den Minderheitenschutz ggfs. erheblich von der der übertragenden Gesellschaft unterscheidet. Der Zustimmungsbeschluss auf Ebene der übertragenden Gesellschaft bedarf daher keinerlei sachlicher Rechtfertigung; erst recht sind die Gerichte nicht befugt, die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit der Strukturmaßnahme zu hinterfragen. Eine materielle Beschlusskontrolle kommt daher nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn die im Einzelfall festzustellenden konkreten Konditionen der geplanten Verschmelzung, insbesondere auch die Aus- oder Neugestaltung der Satzung der aufnehmende Gesellschaft, im Einzelfall die Beschlussanfechtung nach den Maßstäben des Gesellschaftsstatuts der jeweils betroffenen Gesellschaft rechtfertigen können.
Dogmatisch gehen die spanischen Gerichte dabei zunächst in zutreffender Weise in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH (Sevic, Vale, Polbud) davon aus, dass bei sämtlichen grenzüberschreitenden Strukturmaßnahmen die Gesellschaftsstatut aller beteiligten Gesellschaften sukzessive anzuwenden sind. Entgegen einem gerade auch in Teilen der deutschsprachigen Literatur unter Berufung auf die in den 60-er Jahren des vergangenen 20. Jahrhunderts entwickelte Kombinationslehre ermöglichten Irrglauben ermöglicht diese primärrechtliche Vorgabe jedoch keinesfalls die kumulative Anwendung beider betroffener Rechtsordnungen in Bezug auf eine materielle Beschlusskontrolle, sondern vielmehr kommen beide Rechtsordnungen nur sukzessive zur Anwendung, betreffen auch inhaltlich teilweise andere Beschlussgegenstände und schützen unterschiedliche Gruppen von Stakeholdern: so dient die Beschlusskontrolle auf Ebene der übertragenden Gesellschaft nur den Gesellschaftern dieser Gesellschaft, wohingegen die Beschlusskontrolle auf Ebene der aufnehmenden Gesellschaft den Schutz von deren Gesellschaftern bezweckt. Im Grundsatz hat somit aufgrund der primärrechtlichen Vorgaben eine feingliederige dépeçage dahingehend zu erfolgen, dass bei jeder Gesellschaft nur die ihre jeweiligen Gesellschafter betreffenden Aspekte des Zustimmungsbeschlusses zu prüfen sind, es also zu keiner Doppelprüfung oder Kumulierung von Schutzinstrumenten beider Rechtsordnungen kommt.
Wird bei der aufnehmenden Gesellschaft im Zuge der Verschmelzung wie im vorliegenden Fall eine neue Satzung beschlossen, betrifft diese daher grundsätzlich ausschließlich den Beschlussgegenstand bei dieser, wenngleich die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft im Rahmen des Verschmelzungsplans Kenntnis von der Satzungsgestaltung erhalten. Auch eine Anfechtung dieses Doppelbeschlusses, der zugleich die Zustimmung zu der Verschmelzung und zu der neuen Satzung umfasst, ist nach dem nicht harmonisierten Anfechtungsrecht in aller Regel den Gesellschaftern der aufnehmenden Gesellschaft vorbehalten, da die meisten Rechtsordnungen die Aktivlegitimation auf die Gesellschafter beschränken, die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft diese Stellung in der aufnehmenden Gesellschaft vor Wirksamwerden der Verschmelzung jedoch noch nicht inne haben und die Anfechtungsfrist nach Eintragung oft bereits abgelaufen ist.
Der vorliegende Sachverhalt zeigt daher die eklatante Gefahr eines negativen Kompetenzkonflikts auf, der dann entsteht, wenn wie vom cavaliere und seinen Beratern hier offensichtlich geplant die neue Satzung in keiner der beteiligten Rechtsordnungen einer materiellen Prüfung unterzogen werden kann, da die von ihr negativ betroffenen Gesellschafter weder in der Zeit ihrer Zugehörigkeit zur übertragenden Gesellschaft, noch zum späteren Zeitpunkt ihrer Zugehörigkeit zur aufnehmenden Gesellschaft über eine Klagemöglichkeit verfügen, und die Gesellschafter der letzteren die Anfechtungsfrist naturgemäß verstreichen lassen, da die Ausgestaltung der neuen Satzung einseitig nur ihre Interessen wahrt. Zutreffend haben die spanischen Gerichte also auf das nach diesem Recht vorgesehenen Schutzinstrument der Beschlussanfechtungsklage wegen Mehrheitsmissbrauchs nach Art. 204.1.II LSC zurückgegriffen, und so eine präventive Rechtsschutzmöglichkeit gegen die hier evident missbräuchlichen Satzungsbestimmungen eröffnet, anstatt die Minderheitsgesellschafter lediglich auf den nachträglichen kompensatorischen Rechtsschutz des Austrittsrechts gegen Abfindung zu verweisen.
Auch wenn es sich bei der übertragenden Gesellschaft um eine solche deutschen Rechts gehandelt hätte, wäre eine Anfechtungsklage trotz der Tatsache, dass Zustimmungsbeschlüsse zu Umwandlungsmaßnahmen nur einer sehr eingeschränkten Missbrauchskontrolle unterliegen, erfolgreich gewesen. Denn die Verschmelzung sollte funktionswidrig eingesetzt werden sollte, um eine neue Satzung ohne gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit durch die Minderheit durchzusetzen (BGH, NJW 1983, 1056 (Freudenberg), BGH NZG 2005, 722 (Feldmühle)). Festzuhalten ist jedoch, dass die im deutschen Recht bereits zu rein nationalen Umwandlungen entwickelte Beschränkung der materiellen Beschlusskontrolle auf extreme Ausnahmefälle bei grenzüberschreitenden innergemeinschaftlichen Strukturmaßnahmen bereits aufgrund des Primärrechts unionsrechtlich geboten ist, da die Vornahme einer grenzüberschreitenden Strukturmaßnahme an sich keinen Missbrauch darstellen kann. Es handelt sich vielmehr um den rechtlich gewünschten Normalfall, dessen ausnahmsweise Versagung wegen Rechtsmissbrauchs handfester konkreter Gründe im Einzelfall bedarf. Andere Mitgliedstaaten dürfen in Bezug auf die Prüfungsdichte bei der materiellen Beschlusskontrolle also nicht über den primärrechtlich vorgegebenen Rahmen einer bloß residualen konkreten Missbrauchskontrolle hinausgehen.
Daran ändert sich auch nach der neuen Rechtslage nach Inkrafttreten der RICHTLINIE (EU) 2019/2121 nichts, obwohl diese als sekundärrechtliches Mindestschutzniveau lediglich ein Austrittsrecht der Gesellschafter sowie ein Spruchverfahren vorsieht und im nationalen Recht vorgesehene darüberhinausgehende Schutzinstrumente ausdrücklich zulässt (sh. Erwägungsgrund 17 RICHTLINIE (EU) 2019/2121). Denn nach gefestigter Rechtsprechung stellt der bloße Hinweis auf die Möglichkeit einer strengeren Umsetzung als von der Richtlinie gefordert den Mitgliedstaaten keinen Freifahrtschein aus, bei der Richtlinienumsetzung die Grenzen des Primärrechts zu missachten; vielmehr bilden letztere stets die äußerste Grenze des gesetzgeberischen Gestaltungsermessens sowie auch der Gesetzesauslegung durch die nationalen Gerichte. Erwägungsgrund 17 der RICHTLINIE (EU) 2019/2121 stellt dies deklaratorisch klar, indem er für den Fall einer überschießenden Richtlinienumsetzung bzw. der Beibehaltung von bereits vorher im nationalen Recht bestehenden Schutzinstrumenten auf den Vorbehalt der Vereinbarkeit mit der Niederlassungsfreiheit hinweist.
Auch die durch die RICHTLINIE (EU) 2019/2121 neu eingeführte präventive Missbrauchskontrolle durch die zuständigen Stellen des Herkunftsstaats vor Erteilung der Vorabbescheinigung (sh. Art. 127 Abs. 8 GesRRL für die Verschmelzung, Art. 86m Abs. 8 GesRRL für den Formwechsel und Artikel 160m Abs. 8 GesRRL für die Spaltung) ändert daran nichts. Denn zwar reichert sie die vor Inkrafttreten der RICHTLINIE (EU) 2019/2121 bestehende Rechtmäßigkeitskontrolle in Bezug auf die Erfüllung der rechtlichen Voraussetzungen der Strukturmaßnahme nach dem Recht des Herkunftsstaats um die Pflicht an, dabei zwingend auch eine Missbrauchskontrolle durchzuführen. In Bezug auf die Prüfungsdichte dieser Missbrauchskontrolle ist der Unionsgesetzgeber jedoch ebenso wie die nationalen Gesetzgeber an die durch die Niederlassungsfreiheit gesteckten Grenzen gebunden, das auch hinsichtlich dieser Missbrauchskontrolle sehr enge Grenzen setzt: wie von den spanischen Gerichten zutreffend ausgeführt, kann aufgrund der Rechtsprechung des EuGH die Durchführung der grenzüberschreitenden Strukturmaßnahme an sich nie als Missbrauch gewertet werden; auch der damit einhergehende Wechsel der Rechtsform sowie des allgemeinen Schutzniveaus sind von den Gesellschaftern der übertragenden Gesellschaft hinzunehmen.
Da auch Maßnahmen der Konzernbildung wichtige Modalitäten der der Ausübung der Niederlassungsfreiheit darstellen (sh. diese vom EuGH gewählten Formulierung in Sevic, Vale), sind die dementsprechenden Vorgaben des EuGH insbesondere auch auf die inhaltliche Beschlusskontrolle solcher Gesellschafterbeschlüsse zu übertragen, welche zur Bildung eines grenzüberschreitenden Konzerns führen. Zumindest in solchen grenzüberschreitenden Konstellationen können die von der herrschenden Meinung zum deutschen Recht aus der Süßen-Entscheidung des BGH gewonnenen Anforderungen an eine sachliche Rechtfertigung von abhängigkeitsbegründenden Gesellschafterbeschlüssen nicht mehr aufrecht erhalten werden, da sie inhaltlich auf eine allgemeine Missbrauchsvermutung der Konzernbildung hinauslaufen, und somit das durch die Rechtsprechung des EuGH vorgegeben Regel-Ausnahmeverhältnis in nicht rechtfertigbarer Weise umkehren, wonach die grenzüberschreitende Strukturmaßnahme den gesetzlich gewünschten Regelfall und ihre Untersagung den begründungsbedürftigen Ausnahmefall darstellt.
Trotz dieser erfreulichen richterlichen Aussagen zur weitgehenden Gestaltungsfreiheit bei grenzüberschreitenden Strukturmaßnahmen bei gebotener Wahrung des Minderheitenschutzes im Einzelfall nach nationalem Recht hinterlassen die Entscheidungen auch Unbehagen hinsichtlich der prozessualen Vorgaben bei der Abgrenzung der Gesellschaftsstatute beider beteiligter Rechtsordnungen sowie offene Fragen, welche hoffentlich in der Hauptsache durch die spanischen Gerichte näher herausgearbeitet oder durch eine Vorlage an den EuGH geklärt werden: müssen die Gerichte des Herkunftsstaats bei der grundsätzlich ihrem Recht unterstehenden Frage der Missbräuchlichkeit des Zustimmungsbeschlusses die Frage, ob die Bestimmungen der neuen Satzung nach dem darauf anwendbaren Recht der aufnehmenden Gesellschaft überhaupt wirksam vereinbart werden können bzw. die Satzung als solche wirksam beschlossen wurde, als Vorfrage nach jenem Recht prüfen, oder können sie sich auf eine allgemeine Missbrauchskontrolle nach dem Recht der übertragenden Gesellschaft beschränken, welche von einer Wirksamkeit der Satzungsbestimmungen nach dem Recht der aufnehmenden Gesellschaft ausgeht, diese somit unterstellt und eine mögliche Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit einzelner Satzungsbestimmungen den Gerichten im Mitgliedstaat der aufnehmenden Gesellschaft überlässt? Wäre es wegen der begrenzten inhaltlichen Prüfungsdichte des Zustimmungsbeschlusses nach dem Recht der übertragenden Gesellschaft nicht generell sinnvoller, die Prüfung des Missbräuchlichkeit der neuen Satzung und somit auch der grenzüberschreitenden Strukturmaßnahme an sich den Gerichten und somit auch der Rechtsordnung des Gesellschaftsstatuts der aufnehmende Gesellschaft zu überlassen? Ist den Gesellschaftern der übertragenden Gesellschaft zur Wahrung ihres Grundrechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf (Art. 47 GrCh) sowie zur Wahrung des effet utile des nach nationalem Recht bestehenden Minderheitenschutzes eine aus dem Unionsrecht abgeleitete Klagebefugnis zur Anfechtung des Gesellschafterbeschlusses und somit der Satzung auf Ebene der aufnehmende Gesellschaft nach dem Recht dieser Gesellschaft zu gewähren?
Letztendlich werden sich einige diese Fragen nur durch Vorlagen an den EuGH klären lassen. Für viele wird jedoch mangels unionsrechtlicher Harmonisierung des Beschlussanfechtungsrechts sowie des Minderheitenschutzes keine allgemeinen Beantwortung auf Grundlage des Primärrechts möglich sein, sondern die Lösung des konkreten Falls vom konkreten Zusammenspiel der beiden jeweils betroffenen nationalen Gesellschaftsrechtsordnungen sowie von deren Koordinierung abhängen. Denn auch wenn die Beschlüsse auf Ebene beider beteiligten Gesellschaften sich nur nach dem jeweiligen Recht der jeweils betroffenen Gesellschaft richten, und die jeweiligen Schutzinstrumente nicht kumulativ, sondern nur nacheinander angewendet werden dürfen, entfalten sie mittelbar Rückwirkungen auf die jeweils betroffene andere Rechtsordnung und verhalten sich somit wie zwei kommunizierende Gefäße, deren Lösungen aufeinander abgestimmt und miteinander kompatibel gemacht werden müssen. Eine eingehende Rechtsberatung aus Sicht sämtlicher betroffener Rechtsordnungen im Vorfeld der Strukturmaßnahme ist also unerlässlich und zahlt sich aus, da nur so ein völliges Scheitern der Maßnahme verhindert werden kann.